Baustelle mit hohem Potential
Drei Fragen an: Nancy Engel
Nancy Engel ist die Neue und seit diesem Sommer im Landesvorstand der SCHWUSOS Brandenburg. Die Schwusos existieren in Brandenburg seit 2006. Sie sind der größte queere Landesverband innerhalb einer Brandenburger Partei. Mit Nancy Engel sprach Adolar gayBrandenburg.
"nicht verfolgt, nicht gejagt, nicht vergast" so ein Kommentar anlässlich der Berichterstattung zum CSD Cottbus. Da haben wir Lesben und Schwule wohl Glück, oder?
Über diese Kommentare war ich irritiert. Ich finde wir sollten nach vorne schauen, denn es wurde in den letzten Jahrzehnten viel erreicht. Der Paragraph 175 wurde 1994 aufgehoben, das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) trat am 1.8.2001 in Kraft aber von einer vollständigen Akzeptanz oder Gleichstellung kann noch immer nicht die Rede sein.
Auf meinem Spickzettel stehen beispielsweise noch die steuerliche Gleichstellung und das Adoptionsrecht. Der Vorstoß der 13 CDU- Bundestagsabgeordneten ist zwar eine nette Geste, aber wenn man bedenkt, dass sich von diesen 13 Abgeordneten nur 3 bei der Abstimmung im Bundestag über die „Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ ENTHIELTEN und die Restlichen 10 mit NEIN stimmten, ist dieser Vorstoß für mich eher befremdlich und sieht nach der Füllung des Sommerlochs aus. Und solange eine Katharina Reiche als Familie nur die Ehe von Mann und Frau anerkennt und die Wirklichkeiten ignoriert, haben wir eine Menge Arbeit vor uns.
Du bist neu im Vorstand der Schwusos Brandenburg. Was hast du dir persönlich für die nächsten zwei Jahre vorgenommen?
Seit meiner Wahl habe ich viele hochinteressante Gespräche geführt. Mein Eindruck ist, dass der Schwusos Landesverband Brandenburg vielleicht mit einer „unaufgeräumten Baustelle“ zu vergleichen ist, aber ein hohes Potential an Kreativität und Engagement besitzt. Frau muss da manchmal aufpassen tiefen Löchern auszuweichen und nicht auf rumliegende Bretter zu treten, die einem auf dieser Baustelle gegen den Kopf knallen könnten. Ich will in meiner Arbeit mit Allen zusammen Wege finden, um über gemeinsame Themen und Konzepte die Schwusos zu einem meinungsstarken Landesverband zu machen. Das wird nicht einfach. Aber EINFACH kann ja Jeder.
Die Schwusos sind jetzt kein Arbeitskreis mehr, sondern eine Arbeitsgemeinschaft. Was müssen wir uns vorstellen, was dadurch besser wird?
Als Arbeitsgemeinschaft haben wir das Antrags- und Rederecht für den Parteitag auf der jeweiligen Ebene. Wir können mit Themen also viel eher in den Gremien der Partei agieren, als uns dies als Arbeitskreis möglich ist. Auch der finanzielle Aspekt ist meiner Meinung nach nicht zu verachten. Mit dem Budget, dass uns zur Verfügung steht, erhalten die Schwusos mehr Möglichkeiten Konzepte umzusetzen. Arbeitskreise sind wesentlich mehr auf die "Gnade" der Parteigranden angewiesen. Als Arbeitsgemeinschaft können wir selbstbewusster auftreten. Jetzt ist es an uns.